Aufsichtspflicht auf Klassenfahrt – was bedeutet das konkret?

Lehrerin mit Schuelern beim Wandern

Klassenfahrten sind für viele Schülerinnen und Schüler ein Höhepunkt im Schuljahr. Sie bringen Abwechslung, Abenteuer und neue Erfahrungen. Für die begleitenden Lehrkräfte hingegen bedeutet eine Fahrt nicht nur Organisation, sondern vor allem Verantwortung – insbesondere im Hinblick auf die Aufsichtspflicht auf Klassenfahrt. Doch was verbirgt sich genau hinter diesem Begriff? Welche Vorgaben gibt es, wo liegen Grenzen – und wie viel Kontrolle ist überhaupt angebracht?

Im Folgenden zeigen wir praxisnah, was Lehrkräfte bei der Aufsichtspflicht auf Klassenfahrt beachten müssen. Mit vielen konkreten Situationen, rechtlichen Hinweisen und alltagstauglichen Empfehlungen für eine gelungene und sichere Reise.


1. Was umfasst die Aufsichtspflicht auf Klassenfahrt?

Die Aufsichtspflicht auf Klassenfahrt ist Teil der amtlichen Aufgaben einer Lehrkraft und ergibt sich aus den Schulgesetzen der einzelnen Bundesländer. Sie soll sicherstellen, dass Schülerinnen und Schüler vor Schaden bewahrt bleiben – sowohl vor selbstverursachten als auch durch Dritte entstehenden Gefahren.

Im Rahmen einer Klassenfahrt erweitert sich diese Pflicht, da das gewohnte schulische Umfeld verlassen wird. Neue Gegebenheiten wie ungewohnte Orte, fremde Unterkünfte und Freizeitprogramme erhöhen das Risiko. Gleichzeitig ist eine lückenlose Überwachung faktisch unmöglich.

Was bedeutet das konkret?

Zur Aufsicht gehören:

  • Sichtbare Präsenz und Ansprechbarkeit
  • Klare Absprachen und Verhaltensregeln
  • Einschätzung und Minimierung von Risiken
  • Reaktion bei Regelverstößen
  • Festhalten wichtiger Vorfälle in Stichpunkten

Beispiel: Ein Lehrkräfteteam legt bei einem abendlichen Ausflug fest, dass sich die Schülerinnen und Schüler in Gruppen von drei Personen bewegen dürfen. Es wird eine feste Rückkehrzeit sowie eine Notfallnummer kommuniziert. So bleibt die Aufsichtspflicht auf Klassenfahrt gewahrt, ohne übertrieben einzugreifen.


2. Was dürfen Lehrkräfte auf Klassenfahrt festlegen – und was nicht?

Was erlaubt ist:

  • Regeln formulieren und deren Einhaltung einfordern
  • Pädagogisch begründete Konsequenzen bei Regelbrüchen ziehen
  • Schüler:innen bei wiederholtem Fehlverhalten zeitweise aus Aktivitäten ausschließen
  • Den Ablauf der Fahrt inhaltlich mitgestalten

Was erwartet wird:

  • Erkennen und Vermeiden möglicher Gefahren
  • Ständige Erreichbarkeit – z. B. über Handy oder Gruppenchat
  • Altersgerechte, angemessene Betreuung
  • Dokumentation bei besonderen Vorfällen oder Konflikten

Was nicht geht:

Lehrkräfte dürfen ihre Verantwortung nicht auf Dritte übertragen – etwa auf ältere Schüler:innen oder das Personal der Unterkunft. Auch eine gänzlich fehlende Aufsicht („Alle dürfen machen, was sie wollen“) verstößt gegen die Pflichten.

Praxisfall: In einer Unterkunft verlässt ein Schüler in der Nacht heimlich sein Zimmer. Wird dies nicht bemerkt und passiert etwas, könnte dies zu haftungsrechtlichen Konsequenzen führen – besonders dann, wenn keine Regelung zur Nachtruhe getroffen oder keine Kontrolle erfolgt ist.


3. Zwischen Vertrauen und Kontrolle – wo liegen die Grenzen?

Wie viel Selbstständigkeit ist vertretbar?

Grundsätzlich gilt: Je älter die Schüler:innen, desto mehr Eigenverantwortung ist möglich. Während bei Grundschulkindern eine engmaschige Betreuung nötig ist, können Zehntklässler durchaus in Kleingruppen losziehen – vorausgesetzt, es wurde pädagogisch verantwortet und ausreichend kommuniziert.

Lehrkräfte müssen eine Balance finden: Zu viel Kontrolle kann Misstrauen signalisieren, zu wenig birgt Risiken. Bewährt hat sich eine Kombination aus klaren Regeln und gegenseitigem Vertrauen.

Was gilt für volljährige Schüler:innen?

Auch wenn Teilnehmer:innen bereits 18 Jahre alt sind, gelten auf Klassenfahrten die allgemeinen Regeln der Schule. Sie sind zwar volljährig, unterliegen jedoch dem organisatorischen Rahmen der Fahrt. Schriftliche Absprachen zu Themen wie Alkohol oder Ausgang sind empfehlenswert.


4. Abends im Quartier – was ist notwendig, was übertrieben?

Wie sieht eine sinnvolle Abendregelung aus?

Die Frage nach der Nachtruhe ist immer ein Thema: Müssen Lehrkräfte wirklich alle Zimmer kontrollieren? Was tun bei nächtlichen Störungen? Welche Privatsphäre ist angemessen?

Empfehlung:

  • Ein klar kommunizierter Zeitplan für den Abend (z. B. Nachtruhe ab 22:00 Uhr)
  • Kurze Anwesenheitskontrollen reichen meist aus – Durchsuchungen sind nicht angebracht
  • Bei Verstößen: Gespräch führen, bei Bedarf Konsequenzen ansprechen oder Eltern kontaktieren

Regeln geben Sicherheit

Eine gemeinsam mit der Klasse aufgestellte „Fahrtenordnung“ ist hilfreich. Sie kann Punkte wie Ruhezeiten, Zimmerverhalten, Mediennutzung oder Verhalten in öffentlichen Bereichen regeln.

Einblick: Eine 8. Klasse formulierte vor der Reise eigene Regeln und unterschrieb diese. Das Ergebnis: deutlich weniger Konflikte, entspannter Ablauf.


5. Wenn etwas passiert – wie reagiert man richtig?

Was tun bei Regelverstößen oder Notfällen?

Trotz guter Vorbereitung kann es zu Problemen kommen: Ein Schüler kommt nicht rechtzeitig zurück, es gibt Streit oder einen Unfall. Wichtig ist dann ein klarer Handlungsrahmen.

Schritte im Ernstfall:

  1. Ruhig bleiben und umsichtig handeln
  2. Kolleg:innen einbeziehen – im Team entscheiden
  3. Eltern informieren – sachlich und rechtzeitig
  4. Schulleitung kontaktieren – je nach Vorfall
  5. Notizen machen – wer, wann, was, wie reagiert

Erlebt: In München missachtete ein Schüler mehrfach die vereinbarten Ausgangszeiten. Die Lehrkraft dokumentierte dies, führte Gespräche mit ihm und den Eltern. Letztlich wurde – in Absprache mit der Schulleitung – eine Rückreise organisiert.


6. Rechtliche Grundlagen in den Bundesländern

Die Aufsichtspflicht auf Klassenfahrt ist in den Schulgesetzen der Bundesländer unterschiedlich geregelt – sie stimmen jedoch in den Grundsätzen überein.

Beispiele:

  • In Bayern regelt die Schulordnung (BaySchO) konkrete Aufsichtszeiten und Handlungsräume für Lehrkräfte.
  • In NRW wird im Runderlass „Aufsicht“ der Fokus auf Verhältnismäßigkeit und pädagogische Freiheit gelegt.
  • Berlin betont in seinen Vorschriften die Kooperation mit Erziehungsberechtigten im Vorfeld.

Lehrkräfte sollten sich vor einer Fahrt mit den jeweils geltenden Regelungen vertraut machen – viele Schulen bieten hierzu interne Fortbildungen oder Handreichungen an.


7. Häufige Fragen zur Aufsichtspflicht auf Klassenfahrt

Darf ich als Lehrkraft auch mal kurz abwesend sein?
Ja, wenn die Gruppe altersgerecht betreut ist und eine verantwortliche Vertretung informiert ist. Dauerhafte Abwesenheit ist nicht zulässig.

Was ist mit privaten Unternehmungen der Schüler:innen?
Diese sind nur mit Zustimmung und Einbettung in das Fahrtkonzept möglich. Die Verantwortung bleibt bei der Schule.

Wie verhält es sich mit Risikosportarten?
Nur mit schriftlicher Zustimmung der Eltern und vorheriger Risikoabschätzung – auch versicherungsrechtlich.

Was passiert bei Verletzungen?
Die Schule muss sofort informiert werden. Die Dokumentation und Kommunikation mit Eltern, ggf. Krankenversicherung und Schulleitung ist Pflicht.


8. Erfahrungswerte aus dem Schulalltag

Was andere Lehrkräfte empfehlen:

  • Informationskanäle: WhatsApp-Gruppen mit einseitiger Kommunikation
  • Verantwortungsbereiche aufteilen: Lehrkräfte betreuen jeweils Kleingruppen
  • Vorausbesichtigung: Unterkunft und Umgebung vorher prüfen
  • Buddy-System: Schüler:innen achten aufeinander
  • Ansprechperson aus der Klasse: Vertrauensschüler:in ernennen

Zitat einer erfahrenen Kollegin: „Gute Fahrten erkennt man daran, dass alle gesund und mit einem Lächeln zurückkommen – und das klappt nur mit Struktur, Empathie und Vorbereitung.“


9. Fazit: Eine gute Mischung aus Regeln und Vertrauen

Die Aufsichtspflicht auf Klassenfahrt ist kein starrer Katalog an Vorschriften. Sie lässt Raum für pädagogische Gestaltung, verlangt aber verantwortungsvolles Handeln. Wer strukturiert vorbereitet, klare Grenzen setzt und mit Augenmaß agiert, schafft Sicherheit – für sich selbst und für die Gruppe. Vertrauen in die Klasse und eine gute Kommunikation helfen oft mehr als starre Verbote. So entsteht eine Klassenfahrt, an die sich alle gerne erinnern.

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Corinna Hamann

Seit fast 10 Jahren bin ich bei hauptstadtreisen dabei und leite heute das engagierte Team. Mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Programmplanung für Gruppen und Klassen kenne ich die Bedürfnisse von Lehrkräften und Schülern ganz genau. Als leidenschaftliche Reisende habe ich schon viele Ecken der Welt entdeckt – Inspiration für kreative und praxisnahe Klassenfahrtskonzepte.

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